Hans Held

Lieber Vati,
der Lebensbaum aus Deiner Grabschale vor 25 Jahren steht in meinem Garten und ist riesengroß geworden, die Vögel brüten darin und er spendet Schatten. Und so groß wie der Baum jetzt ist, frage ich mich immer: Wo sind die 25 Jahre seit Deinem Tod geblieben? Alles ist noch so lebendig in mir: mein letzter Besuch bei Dir im Krankenhaus an jenem Sonntag, als ich schon wusste, dass es mein letzter sein wird und ich Dich nicht mehr wiedersehen werde.
Du hast eine große Lücke hinterlassen, die bis heute nicht geschlossen ist. Manchmal schaue ich nachts in den Sternenhimmel und wünsche mir, dass Du irgendwo dort oben bist und uns ein blinkendes Licht schickst, das uns signalisiert: Ich bin doch immer noch bei euch.
Der Tod ist so unbegreiflich, aber vielleicht wissen wir danach mehr über das Woher, Wohin, Warum unseres Erden-Daseins. Ich begreife es immer noch nicht. Wenn ich an Deinem Grab sitze, überkommen mich tausend Erinnerungen und ich wünsche mir, ich könnte noch einmal Deine Hand halten und Dir für alles danken, was Du mit Deiner stillen Art und ohne große Worte mir mit auf den Weg gegeben hast.
Ich hoffe, dass wir uns in einer anderen, besseren, friedlicheren Welt wiedersehen.